Es hat noch einige Plätze frei im SoA-Seminar:

Psychotherapeutische Behandlung von Zwangsstörungen

13. November 2024, Dr. phil. Lorena Eisenegger

mehr erfahren

Nächtlicher Medienkonsum von Jugendlichen

Ausreichend und gut zu schlafen wirkt sich auf die körperliche und geistige Gesundheit aus und ist gerade beim heranreifenden Gehirn von Jugendlichen wichtig. Vielfach finden sich Tablets und Smartphones auch im Schlafzimmer vor. Neuerer Forschungsarbeiten legen nahe, dass die Verwendung von Tablets und Smartphones vor allem am Abend die Schlafgewohnheiten stark durcheinanderbringt, wobei Jugendliche zu den intensivsten Benutzern zählen.

In einer Übersichtsarbeit und ergänzenden Studie setzt sich Aurore Perrault (2018) mit der Thematik auseinander. In ihrer Studie im Kanton Genf wurden bei mehr als 500 Schülern von 12 bis 19 Jahren die Bildschirmaktivitäten am Abend sowie ihre Schlafgewohnheiten erfasst. Darüber hinaus sollte ermittelt werden, wie sich eine digitale Abstinenz nach 21 Uhr auf die Schlafqualität und die Leistungen der Jugendlichen am anderen Tag auswirkt.

Die allermeisten Jugendliche (96 %) gaben an, nach 21 Uhr elektronische Geräte zu verwenden. Sie verbringen nach 21 Uhr durchschnittlich eine Stunde und 19 Minuten vor Bildschirmen. Am liebsten sind sie auf sozialen Medien aktiv oder sehen sich Videos an. Hingegen für Hausaufgaben verwenden sie nach 21 Uhr durchschnittlich 45 Minuten. Der Psychologe Jean Twenge hat seit 2015 beobachtet, dass nahezu 40% der amerikanischen Jugendliche weniger als sieben Stunden pro Nacht schlafen. Im Vergleich zu 2009 ist damit die Anzahl der Jugendlichen, die zu wenig schlafen, um 16 Prozent gestiegen. Die amerikanische National Sleep Foundation empfiehlt für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren knapp zehn Stunden Schlaf, für Jugendliche von 14 bis 18 Jahre etwa neun Stunden.

Die Ergebnisse der Genfer Studie zeigten, dass Jugendliche von 12 bis 19 Jahren im Durchschnitt siebeneinhalb Stunden pro Nacht und nie mehr als achteinhalb Stunden schlafen. Die Schlafmedizinerin Judith Owens hat nachgewiesen, dass Schlafmangel die Konzentrationsfähigkeit, das Gedächtnis, die kognitiv-mnestische Leistung sowie Stimmung und Emotionsregulation beeinflusst. Aufgrund der Hormonveränderungen während der Adoleszenz geht die Entwicklung hin zu immer späteren Zubettgeh- und Aufstehzeiten.

Forscher haben drei Hauptmerkmale von Bildschirmaktivitäten identifiziert: Erstens sind sie zeitaufwendig. Zweitens überlappen sie sich mit der Schlafenszeit und beinhalten eine Gefühlskomponente, die wach hält und die Einschlafzeit verlängert. Und drittens wirken sich die Bildschirme aufgrund des emittierten blauen Lichts direkt körperlich auf den Biorhythmus aus. LED-Bildschirme mit kurzen Wellenlängen (415 bis 500 Nanometer) sollen sich demnach direkt auf die zirkadiane Regulation auswirken. Dies wiederum führt zu einer geringeren endogenen Melatoninproduktion, was die Schlafzeiten verändert. Der Schlafforscher Christian Cajochen hat gezeigt, dass durch fünf Stunden abendliche Aktivität an einem LED-Bildschirm die nächtliche Melatoninsekretion völlig unterdrückt wird. Dies führt zum Ausbleiben der Müdigkeit und zu einer erhöhten Wachsamkeit. Besonders stark ist die wach haltende Wirkung des blauen Lichts bei den Bildschirmen, die wir nahe am Körper verwenden, also beispielsweise Tablet-Computer und Smartphones.

In Übereinstimmung mit dieser Theorie zeigte die Genfer Studie, dass die Zeit, die Jugendliche nach 21 Uhr vor dem Bildschirm verbringen, mit ihrer Zubettgehzeit, der Schlafdauer und der Uhrzeit der Melatoninsekretion signifikant korreliert.

In der Genfer Studie wurde zudem getestet, wie sich eine vorbeugende Massnahme auswirkt. 182 Jugendliche sollen zwei Wochen lang an den Tagen, auf die Schultage folgten, ihre Bildschirmbenutzung nach 21 Uhr einschränken beziehungsweise unterlassen. Die Ergebnisse zeigten eine direkte Wirkung auf den Schlaf der Jugendliche. Sie gingen früher zu Bett und schliefen länger. Darüber hinaus zeigten sie auch bei einem Konzentrationstest danach bessere Ergebnisse.

Dies legt nahe, dass die digitale „Sperrstunde“ einen direkten positiven Einfluss auf die allgemeine tägliche Funktionsweise und auch auf die schulischen Leistungen haben könnte. Die Studie zeigte, dass der Schlaf mit einer einfachen Regel positiv beeinflusst werden kann. Es wäre wichtig, dass Eltern sich dem bewusst werden und dies ihren Kindern beibringen.

Generell raten Fachleute zur „Drei-mal-neun-Strategie“: keine Bildschirmaktivitäten nach neun Uhr abends, neun Stunden Schlaf und Schulbeginn um neun Uhr morgens. Über die letzte Idee wird derzeit in manchen Schweizer Kantonen nachgedacht.

Literatur:

Perrault A. A., Bayer L., Peuvrier M., Afyouni A., Ghisletta P., Brockmann C.,…Sterpenich V. (2018). Imposing a curfew on the use of screen electronic devices improves sleep and daytime vigilance in adolescents. bio.Rxiv 259309. doi:10.1101/259309

Lic. phil. Uta Liechti Braune,
Eidgenössische Psychotherapeutin