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Psychotherapeutische Behandlung von Zwangsstörungen

13. November 2024, Dr. phil. Lorena Eisenegger

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Bei der Behandlung von Zwängen ist die kognitive Verhaltenstherapie mit Expositions-Reaktions-Management die am besten wirksame Methode. Verhaltenstherapie alleine ist bei Zwangsstörungen gleich wirksam wie eine Kombination von Verhaltenstherapie plus Medikation. Eine alleinige Medikation ist weniger wirksam; dies ergab eine Metaanalyse von Voderholzer & Hohagen (2008). Wenn die Medikation bei einer Zwangserkrankung abgesetzt wird ohne dass in der Therapie ein neuer Umgang mit den Zwängen aufgebaut wurde, kommt es zu einem Rückfall, resp. die Zwänge treten in der Regel wieder so stark auf wie vor Beginn der Medikation.
Als Erweiterung der etablierten Verfahren werden neu auch achtsamkeitsbasierte Verfahren eingesetzt, wobei die Studienlage noch nicht so umfangreich ist. Von daher ist die Exposition nach wie vor das am besten evaluierte Verfahren.

Als ergänzende Strategie, bei der es nicht wie bei der Exposition darum geht sich direkt den Zwängen und Zwangsgedanken auszusetzten, ist die 4-Stufen Methode nach Schwartz:
Schwartz benennt folgende 4 Schritte.

  1. Neubenennung: Bewusste Wahrnehmung, dass es sich bei den lästigen Gedanken um Zwangsgedanken als Ausdruck einer Erkrankung handelt. „Ich habe jetzt wieder einen Zwangsgedanken, dass meine Hände schmutzig sind.“ „Der Gedanke ist nicht, was er zu sein scheint; er ist einfach nur eine falsche Botschaft vom Gehirn.“
  2. Neuattribution: Intensität und Lästigkeit der Zwangsgedanken erklären sich durch die Tatsache, dass es sich um eine Zwangsstörung (z.B. „defekte Schaltung im Gehirn“) handelt. „Das bin nicht ich, das ist meine Zwangsstörung.“ „Die Symptome bedeuten nicht wirklich, was sie sagen.“ „Ich glaube nicht, dass meine Hände schmutzig sind. Ich habe den Zwangsgedanken, dass meine Hände schmutzig sind.“

2a) Neuattribution, Antizipieren: Das Gefühl überwinden, dass die Gedanken ganz neu und schockierend wären – sie treten ja 100mal am Tag auf. Hierdurch den Gedanken weniger Aufmerksamkeit schenken, als wenn sie neue wären. „Ich kann den Zwangsgedanken nicht verändern, muss ihm aber auch keine Aufmerksamkeit schenken.“

2b) Neuattribution, Akzeptieren: Zwangsgedanken sind nicht Schlüssel zu verborgenen Wünschen. Sie sind falsche Botschaften. „Ein Zwangsgedanke ist stark, aber auch sehr dumm. Wenn ich mich direkt vor ihn hinstelle und bei den Hörnern packe wird er gewinnen; wenn ich einen Schritt zur Seite gehe, wird er mit der Zeit verschwinden.“ Je öfter ich mir sage, dass es mir egal ist, ob er verschwindet oder nicht („er ist ja sowieso nicht wirklich“), umso mehr wird er verschwinden.

  1. Neufokussierung: Zeitliche Verzögerung zwischen Zwangsgedanken und Zwangshandlungen bzw. neutralisierenden Gedanken. Keine passive Wartezeit, sondern: andere Verhaltensmöglichkeit ausführen. „Es ist meine Entscheidung, wie ich auf den Zwangsgedanken reagiere.“ „Nicht das tun, was der Zwangsgedanke mir aufträgt, sondern das tun, was ich zu tun entschieden habe.“
  2. Neubewertung: Zum Beobachter des eigenen Verhaltens werden, nicht als Beteiligter sondern als neutraler Beobachter. Als neutraler Beobachter (Zuschauer) den zwanghaften Drang abwehren, bis dessen Bedeutung geringer wird. „Indem ich mein Verhalten ändere, verändern sich mit der Zeit auch meine Gefühle.“

Also packen Sie den Zwang mithilfe der Exposition bei den Hörnern oder treten Sie mit der Methode von Schwartz einen Schritt zur Seite!

Quelle:

State-of-the-Art-Semiar am Klaus-Grawe-Institut vom 6.11.2019 von Prof. Michael Rufer.

 

Lic. phil. Uta Liechti Braune,
Eidgenössische Psychotherapeutin