Es hat noch einige Plätze frei im nächsten SoA-Seminar:

GYNÄKOPSYCHOLOGIE IN DER AMBULANTEN PSYCHOTHERAPIE PRAXIS: Häufige Störungsbilder & hilfreiche Interventionen

26. September 2024, Dr. rer. nat. Misa Yamanaka

mehr erfahren

Die therapeutische Beziehung als zentraler Wirkfaktor der Psychotherapie

Welchen Stellenwert nimmt die therapeutische Beziehung in der Psychotherapie ein?

Die therapeutische Beziehung nimmt insbesondere im klinischen Alltag als auch in der Psychotherapie-Forschung eine wichtige Rolle ein. In zahlreichen empirischen Studien konnte ein Zusammenhang zwischen der therapeutischen Beziehung und dem Therapieerfolg nachgewiesen werden (u. a. Orlinsky, Grawe & Parks, 1994, Horvath & Symonds, 1991).
Neuere Metaanalysen (u. a. Horvath, Flückiger, Del Re & Symonds, 2011) konnten zeigen, dass circa 10% der Varianz des Therapieergebnisses durch die therapeutische Beziehung erklärt werden kann. In der empirischen Psychotherapieforschung fällt auf, dass seit Jahren viel über die therapeutische Beziehung geforscht wird. Was aber letztlich eine gute Beziehung zwischen Patient und Therapeut konkret ausmacht und wie diese erreicht werden kann, ist bis heute noch nicht vollends geklärt. Es gibt viele unterschiedliche Konzepte der therapeutischen Beziehung. Allgemeiner Konsens herrscht darüber, dass die therapeutische Beziehung entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg einer Psychotherapie ist, unabhängig davon, welches Verfahren der Therapeut/die Therapeutin vertritt und welche Methoden konkret verwendet werden. Wichtig dabei ist, dass die therapeutische Beziehung kein statisches Konstrukt ist, sondern es sich dabei um einen Prozess handelt, welche von Therapiebeginn bis Therapieende eine bedeutsame Rolle spielt.

Was macht eine gute therapeutische Beziehung aus?

Wichtige Merkmale einer guten therapeutischen Beziehung aus Patientensicht sind unter anderem Vertrauen, Einfühlungsvermögen, Sympathie, genügend Zeit, ein lösungsorientiertes Vorgehen sowie einen respektvollen Umgang (Hermer & Röhrle, 2008). Menschliches Verhalten ist darauf ausgerichtet, grundlegende Bedürfnisse zu befriedigen. Die Erfüllung der nachfolgend genannten Bedürfnisse ist gemäss Grawe eine wesentliche Quelle für ein glückliches und zufriedenes Leben. Folgende Bedürfnisse spielen auch im Rahmen der Psychotherapie und insbesondere auch bezüglich des Aufbaus einer tragfähigen therapeutischen Beziehung eine entscheidende Rolle.

  • Das Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle
  • Das Bedürfnis nach Bindung
  • Das Bedürfnis nach Lustgewinn und Unlustvermeidung
  • Das Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung

Zu Beginn der Therapie sind die Grundbedürfnisse durch frühere Beziehungserfahrungen des Patienten meist stark verletzt. In der therapeutischen Beziehung hat der Therapeut die Möglichkeit, dem Patienten bedürfnisbefriedigende Erfahrungen zu vermitteln. Mit einer bedürfnisorientierten Beziehungsgestaltung wird der optimale Kontext für erfolgreiche Lern- und Veränderungseffekte in der Psychotherapie geschaffen. Daher ist eine auf den jeweiligen Patienten zugeschnittene Psychotherapie besonders wichtig, wo gemeinsam mit dem Patienten unter anderem die individuellen Wünsche und Bedürfnisse sowie die bisherigen Verhaltensmuster zur Erreichung dieser herausgearbeitet werden können. Zudem können Möglichkeiten eruiert werden, wie die oben genannten Bedürfnisse in Zukunft besser befriedigt werden können.

Eine erste Übungsmöglichkeit bietet dabei das therapeutische Setting, wo erste korrektive Erfahrungen gemacht werden können, bevor diese im realen Beziehungsumfeld der Patienten erprobt werden. Wichtig dabei ist: Der Aufbau einer tragfähigen therapeutischen Beziehung braucht Zeit. Doch es lohnt sich. Denn auf Basis dieser können im Verlauf wichtige Verhaltensmuster bewusst gemacht und in der Folge verändert werden.

Literatur:

Schmidt-Traub, S. (2003). Schwerpunktthema: Der Patient in der Psychotherapie. Therapeutische Beziehung – ein Überblick. Psychotherapeutische Praxis, 3, 111-129.

Hermer, M. & Röhrle, B. (2008). Handbuch der therapeutischen Beziehung. Band 1. Allgemeiner Teil. Tübingen: dgvt Verlag.

Horvath, A. O., Symonds, B. D. (1991). Relation between working alliance and outcome in psychotherapy: A meta-analysis. Journal of Counseling Psychology, 38, 139-149.

Horvath, A. O., Flückiger, C., Del Re, A. C. & Symonds, D. (2011). Alliance in individual psychotherapy. Psychotherapy, 48, 9-16.

Stucki, C. & Grawe, K. (2007). Bedürfnis- und Motivorientierte Beziehungsgestaltung. Hinweise und Handlungsanweisungen für Therapeuten. Psychotherapeut, 52, 16-23.

Orlinsky, D. E., Grawe, K. & Parks, B. K. (1994). Process and outcome in psychotherapy. In A. E. Bergin & S. L. Garfield (Hrsg.), Handbook of psychotherapy and behavior change. New York: Wiley.

Lia Frei, M. Sc. Psychologin