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Psychotherapeutische Behandlung von Zwangsstörungen

13. November 2024, Dr. phil. Lorena Eisenegger

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Endlich! Ein Licht am Horizont: Neues Modell für den Zugang zur Psychotherapie geht in die Vernehmlassung!

Ungefähr 17% der Schweizer Bevölkerung leiden an einer oder mehreren psychischen Krankheiten, psychische Krankheiten gehören zu den häufigsten und den einschränkensten Krankheiten überhaupt. Sie wirken sich auf alle Lebensbereiche der Betroffenen aus und können zu grossen Beeinträchtigungen führen. Ausserdem verursachen sie hohe volkswirtschaftliche Kosten, Schätzungen gehen von über 7 Milliarden Franken jährlich aus (aus dem Bericht des BAG zu Psychischer Gesundheit in der Schweiz, Link: siehe unten). Eine Konsequenz daraus ist für den Bund, Prävention zu fördern und bestehende Strategien zu unterstützen.
Dringend notwendig ist es aber auch, Menschen mit psychischen Störungen den Zugang zu gut ausgebildeten Fachleuten zu ermöglichen.

Seit vielen, vielen Jahren setzen sich die Psychologen/innen-Verbände dafür ein, dass auch psychologische Psychotherapie von den Krankenkassen aus der Grundversicherung bezahlt wird und so die psychotherapeutische Versorgung wesentlich verbessert werden kann, und zwar in dem Sinn, dass Psychologen/innen mit abgeschlossener Psychotherapieausbildung selbständig mit den Kassen abrechnen können. Das bisherige Delegantionsmodell schreibt vor, dass psychologische Psychotherapeuten bei einem Psychiater angestellt sein müssen, damit die Behandlung über die Grundversicherung abgerechnet werden kann (der/die Psychiater/in rechnet die Kosten mit der Kasse ab und ist für die Therapie verantwortlich).
Spätestens seit Inkrafttreten des Psychologieberufegesetzes (PsyG) im Jahr 2013, in dem u.a. der Titelschutz und v.a. hohe Qualitätsstandards in Bezug auf die Weiterbildung für psychologische Psychotherapeuten/innen geregelt wurden (Weiterbildungen werden heute mit einem vom BAG ausgestellten Titel ‚eidgenössisch anerkannter Psychotherapeut’ abgeschlossen, der Voraussetzung ist für selbständige Tätigkeit in allen Kantonen) mutet es geradezu absurd an, dass psychologische Psychotherapie trotz intensiver berufsbegleitender Weiterbildung – deren Abschluss sie befähigt zur selbständigen Tätigkeit – im Gegensatz zu ärztlicher Psychotherapie von den Krankenkassen her nicht gleich behandelt werden.

Etwa 95’000 Personen in der ganzen Schweiz unterzeichneten die Petition ‚Hürden abbauen – Behandlung von psychischen Krankheiten sicherstellen’, die im März 2019 dem Bundesrat übergeben wurde: ein deutliches Zeichen dafür, dass viele Menschen die Notwendigkeit sehen, den Zugang zur Behandlung von psychischen Störungen in der Schweiz zu verbessern.
Dass der Bundesrat nun am 26. Juni 2019 die Vernehmlassung zur Einführung des sogenannten Anordnungsmodells eröffnet hat, ist ein grosser Schritt in Richtung einer solchen Verbesserung. (Anordnungsmodell: Psychologische Psychotherapeuten/innen sollen künftig nicht mehr unter Aufsicht eines Arztes arbeiten müssen, sondern können auf ärztliche Anordnung selbständig tätig sein).

Nicht nur die Psychologenverbände kämpfen für diese Verbesserung, auch z.B. Hausärzte/innen, Kinderärzte/innen, Gynäkologen/innen, forensische Psychiater/innen unterstützen diese Veränderung. Es gibt viele Psychiater/innen, für die das, wofür viele Psychologen/innen einstehen, nämlich Kooperation statt Konkurrenz, selbstverständlich und das Modell der Zukunft ist.
Einigen Vertretern, u.a. der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie SGPP, ist eine solche Veränderung ein grosser Dorn im Auge und sie argumentieren z.B. mit dem alten Cliché, dass psychologische Psychotherapeuten nur für ‚mildere’ psychische Störungen ausgebildet sind: ‚Für Krisen und Notfälle sind die Psychologen weniger gut ausgebildet’. (Zitat vom Präsidenten der SGPP aus einem Artikel TagesAnzeiger vom 27.6.19, S. 4). Ebensolcher Präsident rechnet auch mit immensen Mehrkosten weil: Psychologen wollten besser verdienen und eigene Praxisräume beziehen, weshalb eine ‚Mengenausweitung’ absehbar sei.
Betrachtet man die eingangs erwähnten Zahlen zu Betroffenen von psychischen Störungen und Folgekosten ist es naheliegend, dass es um die Verbesserung des Zugangs zu qualitativ guter Patientenversorgung gehen würde und dabei diejenigen in die Versorgung eingebunden werden sollten, die dafür auch gut ausgebildet sind, und das sind nun einmal neben Psychiatern/innen auch die psychologischen Therapeuten/innen!

So sind wir hoffnungsfroh gespannt auf den Verlauf und das Resultat der Vernehmlassung. Es ist definitiv an der Zeit, dass diese Veränderung in der Schweiz Realität wird!

Literatur:

http://newsletter.fsp.ch/-viewonline2/17270/373/3323/6crtRL64/5gJjHhyDzZ/1

https://gesundheitsfoerderung.ch/assets/public/documents/de/5-grundlagen/publikationen/psychische-gesundheit/Bericht_Psychische_Gesundheit_in_der_Schweiz_-_Bestandsaufnahme_und_Handlungsfelder.pdf

Lic. phil. Barbara Heiniger Haldimann