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Psychotherapeutische Behandlung von Zwangsstörungen

13. November 2024, Dr. phil. Lorena Eisenegger

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Was sind Ihre emotionalen Gewohnheiten?

Welche Person aus Ihrem Umfeld kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie an eine Spasskanone denken? Wer kommt Ihnen beim Stichwort Griesgram in den Sinn? Und bei einem Optimisten oder bei einem typischen Pessimisten? Wie fühlt es sich an, sich die verschiedenen Personen in Erinnerung zu rufen?

Eine faszinierende Studie von Neurowissenschaftlern, die im Mai 2019 im Nature veröffentlicht wurde, postuliert, dass „wenn wir an eine Person denken, unser Hirn diese Person als die Summe der mentalen Zustände repräsentiert, von welchen wir glauben, dass die Person diese häufig erlebt.“
Wenn uns jemand als z.B. häufig gereizt erlebt und aufgefordert wird an uns zu denken, dann aktiviert dies einen mentalen Zustand in dieser Person, die sehr ähnlich zu dem Erregungszustand ist, in welchem sie sich vorstellt, selber gereizt zu sein. Wenn jemand oft als dankbar erlebt wird, dann wird die Erinnerung an diese Person im Hirn die Dankbarkeit aktivieren.

Evolutionstheoretisch scheint es für unser Überleben wichtig (gewesen) zu sein, die emotionalen Gewohnheiten von anderen intuitiv zu repräsentieren, um sich entsprechend an die Person anpassen zu können. Unser Hirn assoziiert der Studie zufolge bei jeder Person vielmehr ihre emotionalen / mentalen Gewohnheiten, als eine Hauptemotion.

Wenn man diesen Gedanken in Bezug auf soziale Konsequenzen weiterspinnt, dann könnten wir (hypothetischerweise) schlussfolgern, dass unsere emotionalen und mentalen Gewohnheiten (vor allem diejenigen, die wir nach aussen zeigen) nicht nur unser eigenes Erleben tangieren, sondern gemäss der Studie auch einen mächtigen Einfluss auf die neuronalen Erregungsmuster unserer Mitmenschen haben. Wir fühlen uns durch Interventionen wie beispielsweise Psychotherapie oder mentale Trainings nicht nur selber besser, sondern beeinflussen dadurch auch, wie wir in den Köpfen von unseren Mitmenschen existieren. Das heisst, wir können dadurch nicht nur Einfluss darauf nehmen was andere über uns denken, sondern auch wie diese sich fühlen während sie an uns denken. Psychologen nennen dies „affektive Präsenz“, wobei wir bei anderen Emotionen durch das blosse „uns selber sein“ triggern.

Was denken Sie: Mit welchem emotionalen Zustand werden Sie von Ihren Nächsten assoziiert? Im beruflichen Umfeld wird dies sicherlich auch noch etwas anders ausfallen als im privaten Kontext.

Das methodisch sehr komplexe Studiendesign kann in der Originalstudie unter folgendem Link nachgelesen werden:

Link zum Artikel (open access)

Literatur:

Thornton, M., Weaverdyck, M. & Tamir, D. (2019). The brain represents people as the mental states they habitually experience. Nature Communications, 10, 2291.

Lic. phil. Andrea Bender