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Psychotherapeutische Behandlung von Zwangsstörungen

13. November 2024, Dr. phil. Lorena Eisenegger

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Therapieziel Wohlbefinden

In Psychotherapien geht es meist in erster Linie um Probleme, Belastungen und Schwierigkeiten, die behandelt werden sollen. Daher stehen eine Störungsdiagnose und die Frage der richtigen Behandlung dieser Störungen im Vordergrund. Das ist auch richtig so! Dennoch soll es in Psychotherapien im Wesentlichen nicht nur um ‚Wegmachen’ von Problemen, sondern auch um ‚Wiedererlangen’ oder gar Aufbau von Wohlbefinden gehen, d.h. nicht nur um eine ‚Blickfelderweiterung’, sondern um einen ‚Wechsel der Blickrichtung’: die Aufmerksamkeit wird auf Merkmale und Bedingungen gelenkt, die es Menschen ermöglichen, sich wohlzufühlen und ein zufriedenes Leben zu führen.

Wesentliche Impulse dazu gingen bereits in den 1950-er Jahren vom US-Psychologen Abraham Maslow aus, die später vom prominenten Vertreter der Positiven Psychologie, dem US-Psychologen Martin Seligmann wieder aufgegriffen wurden: ‚Psychology is not just the study of disease, weakness, and damage. It is also the study of happiness, strenght, and virtue’. (Seligmann 2002 zit. nach Frank, 2017, S. 4).
Wohlbefinden, Glück und Zufriedenheit, konstruktive Gedanken (Optimismus, Hoffnung, Vertrauen), Stärken und Tugenden und ihre positiven Auswirkungen auf das eigene Leben und das anderer Menschen sollen erforscht und beleuchtet werden, auch angesichts von Stress und Lebensbeeinträchtigungen. Es wird davon ausgegangen, dass diese Themen wichtig sind für positive Therapieeffekte, die häufig als ‚unspezifische’ Wirkfaktoren oder ‚Pacebo-Effekte’ bezeichnet werden, aber Niederschlag finden in einer wohlwollenden therapeutischen Haltung (Wirkfaktor ‚Therapiebeziehung’!), z.B. Wohlwollende Aufmerksamkeit, entgegengebrachtes Vertrauen, Vermitteln von Hoffnung und Beachtung persönlicher Stärken.

Aktuelles Wohlbefinden kann auf direktem Weg über angenehme sensorische Reize (Stichworte z.B. ‚Genuss’, ‚Achtsamkeit’), erfolgreiche Handlungen, soziale Zuwendungen und Nähe, glückliche Umstände und durch eigene, angenehme Phantasien entstehen, die zum Erleben positiver Emotionen führen. Daher ist es in Therapien sinnvoll – neben der Behandlung von Störungen – Verhalten zu fördern (oder neu zu erlernen), das befähigt dazu, selber aktiv etwas zum Erleben von Wohlbefinden beizutragen. Denn: Psychische Störungen beinhalten nicht nur ein ‚zu viel’ an negativen Emotionen, sondern auch ein ‚zu wenig’ an positiven Emotionen.

 

Literatur:

Frank, R.: Den störungsorientierten Blick erweitern: Wohlbefinden fördern. In: R. Frank (Hrsg.) (2017, 3. Auflage). Therapieziel Wohlbefinden. Ressourcen aktivieren in der Psychotherapie. Berlin: Springer. S. 3-15.

Lic. phil. Barbara Heiniger Haldimann